lange nicht gehört #34: strange & beautiful music.

John Lurie.

Musiker, Schauspieler, Maler, Held. Wenig andere Menschen beeindrucken mich mit ihrem Schaffen so sehr wie der Mann, den die meisten womöglich aus Jim Jarmuschs frühen Filmen an der Seite von unter anderem Tom Waits kennen. Ein Umstand, den Lurie in seinen kürzlich erschienenen Memoiren, A history of bones, nicht gefällt. Die Schauspielerei sei nie sein Ziel gewesen, er sei in erster Linie Musiker, schimpft er dort. Ein vielschichtiger noch dazu wie die Sendung hoffentlich zeigt. Es bleibt aber nicht von der Hand zu weisen, dass seine Filmkarriere dem New Yorker einen nicht unerheblichen Bekanntheitsschub gab. Bei den Filmfestspielen in Cannes 1984 stand er mit gleich zwei Filmen auf dem roten Teppich: Paris, Texas dem Gewinnerfilm des Jahres von Wim Wenders, und Jarmuschs Kino Debüt Stranger Than Paradise. Seinen Erzählungen merkt man an, dass er die Aufmerksamkeit genoss, dennoch suchte der von seiner Heroinabhängigkeit geplagte Lurie (aus der er sich später selbst befreien sollte!) Erfolg mit seiner Jazz Band The Lounge Lizards. „Fake Jazz“, nannte die einschlägige Musikpresse den Sound. Auch das gefiel ihm nicht, doch ich muss zugeben, dass es eben dieser schroffe, schiefe, aggressivere Sound gerade des ersten Albums ist, der mich Jahrzehnte später Jazz entdecken und lieben lernen lies. Unter den Gründungsmitgliedern weilten unter anderem Marc Ribot und Arto Lindsay, zwei weitere Größen an der Gitarre, die auch er bis heute ehrt. Lurie und sein Bruder Evan komponierten, während John Saxophon und später auch Texte beisteuerte.
Eine weitere bemerkenswerte Überschneidung ist die zu Jean-Michel Basquiat, dessen Eindruck auf die Kunstwelt sich wohl damals schon abzeichnete. Gelebt und gearbeitet hatte Basquiat eine Zeit lang in Luries kleinen Appartment in der Lower East Side. Eine innige Freundschaft und Rivalität entstand, die leider durch Baquiats frühen Tod enden sollte. Lurie selbst leidet seit den späten 90ern an einer chronischen Nervenkrankheit, die ihm das Musizieren deutlich erschwerte. Er konzentrierte sich fortan auf die Malerei. Seine Aquarelle sind nicht selten sehr humoristisch, was sich in seiner Musik fortsetzen sollte. Unter seinem Alias Marvin Pontiac veröffentlichte er vor wenigen Jahren dann sein erstes musikalisches Output seit nahezu zwei Jahrzehnten.
Während der Pandemie finanzierte ihm HBO drei Staffeln einer Serie die ihn beim arbeiten und rumblödeln in seiner Wahlheimat auf Grenada folgt. Ein Anschluss an frühere Serie Fishing with John die ich hier am Ende noch empfehlen will. Auch wenn ihr nichts mit Angeln zu tun habt, dass hatten er und seine Gäste nämlich auch nicht. Die Episode mit seinem Freund Tom Waits beendet tatsächlich eben diese Freundschaft für Jahrzehnte. Bizarr. Ein umso schöneres Zeichen, dass sie heute über Waits Youtubekanal abrufbar ist, und wohl endlich beide darüber lachen können. Ahhh…Fishing.

Sendedatum: 03/07/2024 19:00 - 03/07/2024 20:00

Ort: Leipzig

Sprache: without Speech

Sendung: lange nicht gehört.

Tags: DJ-Set music bright pleased no colour dance

Tracklist:
Fishing With John
A Woman Can Take You to Another Universe
Men With Sticks
Small Car
Shark Drive
Pancakes
Unbelievable
Hope She Is Okay
My Bear To Cross
River Of Men
Little Fly
Yak
Runnin' Round
Queen Of All Ears
Bob The Bob
Do The Wrong Thing
Voice Of Chunk
Big Heart
The Hanging

Demented
Tarantula