SYNCHRONISATION
Stell dir vor du bekommst eine Nachricht: in irgendeinem Offspace, sollen sich an einem Montag im Oktober 2019 Musiker*innen, Künstler*innen und Performance-Artists versammeln um ihrer Kreativität freien lauf zu lassen. Du folgst dem Aufruf und gelangst in eine seit Jahren leerstehende Halle. Zunächst wirkt es etwas überfordert, wie in jeder Ecke irgendwas passiert. Doch dieser Mix fügt sich zu einem audiovisuellen Raum mit genug Platz für eigene Ideen. Du fühlst dich direkt eingeladen mitzumachen. Es formt sich zu einer Art Symphonieorchester, einem großen Ganzen, beinahe einer Extase. Es schwingt etwas illegales in der Luft. An diesem Montagabend haben sich alle vorgenommen den Raum mit Ihren Spielzeugen zu interpretieren. Es gibt keine Running Order, es gibt nur den Prozess und auch wenn sich alle irgendwie über ein paar Ecken schon mal gesehen haben, so lernt man sich gegenseitig einmal mehr neu kennen.
Das Vorgehen ist klar: Wir besorgen uns einen Generator, legen ein langes Stromkabel in die Mitte der Halle und von da aus verteilen sich Musikinstrumente, Verstärker, Projektoren, Laptops, Synthesizer in alle Richtungen. Hier baut sich ein Schlagzeug auf, dort erweckt der Beamer die voll gesprayte Wand zum leben. Es schlagen Wellen akustisch und visuell. Der Ton des Saxophons schlängelt sich um die Säulen der Halle, zerfließt im Widerhall und paart sich mit rhythmisch quietschendem Styropor, das bereits vor uns hier war. Laserstrahlen schneiden den Raum und lassen die Decke verschwinden. Am Ende des Raums sind übermenschlich große Schatten, sie tanzen im Lichtstrahl. Wenn man die Quelle dieser, also die Tänzer*innen beobachtet, ist man fasziniert wie konzentriert und zugleich unbefangen sich diese Performance zu dem Rest fügt.
Es baut sich stetig auf. Am Mikro wechseln sich die Interpreten. Es ist eine Improvisation, ganz klar, aber es fällt schwer das Geschehen wie eine sonst übliche Jam zu verstehen. Vielmehr handelt es sich um einen Prozess, begrenzt durch zeitliche und räumliche Kapazitäten. Paar Stunden später wird man nicht mehr sehen, dass wir überhaupt da waren. Willkommen zur Synchronisation. Denn übersetzt man diesen Begriff aus dem griechischen, so stellt man fest: ‘syn’ – bedeutet zusammen und ‘chronos’ – Zeit.
Text: Maxim Kraszavin
Produktion: Aliya Sayfart
Musiker:
Adrian Ciesielski
Hannes Mischke
Sebastien Branche
Tupac
Andi (Trashboo)
Simon Clement (Møn)
Maxim Kraszavin
Achim Kolba
Darko Mijatovic
Richard Istel
Ksu Pankratova
Wert Kollektiv
und andere die wir leider vergessen haben, entschuldigt
Sendedatum: 16/05/2020 22:30 - 16/05/2020 00:08